Das Schulterdesign

2. Makroarchitektur dentaler Implantate / Implantatdesign

Das Design dentaler Implantate erlaubt eine große Variabilität, mit der individuelle Patientensituationen und auch Vorlieben der Anwender abgedeckt werden können. Die Auswahl kann zwischen

  • verschiedenen Implantatlängen und -breiten
  • einer zylindrischen oder konischen Form
  • einteiligen oder mehrteiligen Implantatsystemen
  • oder einer unterschiedlichen Anzahl und Anordnung an Gewindegängen getroffen werden.

Die Wahl der Implantatlänge wird zumeist von der patientenindividuellen Knochensituation und von der Lage des Nervus alveolaris inferior im Bereich des Unterkiefers bestimmt. Des Weiteren kann in kompromittierten Knochensituationen auch auf kürzere oder im Durchmesser reduzierte Implantate zurückgegriffen werden, um auf Knochenaugmentationen oder Nervlateralisationen mit den entsprechenden Komplikationsrisiken verzichten zu können. Dabei werden kürzere Implantate (< 10 mm) als anfälliger für einen Misserfolg beschrieben (MISCH, 2005). Durchmesserreduzierte Mini-Implantate (< 3 mm) weisen anfänglich vergleichbare Überlebensraten wie Standard-Implantate auf, jedoch kann die Langzeitüberlebensrate dieser Implantate noch nicht zufriedenstellend nachgewiesen werden (BIDRA et al., 2013).

Sowohl der Implantatdurchmesser als auch die Länge und Neigung des Implantathalses scheinen einen entscheidenden Einfluss auf die Belastungen, die an der Kontaktstelle zwischen kortikalem Knochen und Implantatoberfläche entstehen (Bone-Implant-Interface) zu haben (FAEGH et al., 2010). So können beispielsweise die zwischen den beiden Flächen auftretenden Belastungen durch eine Erhöhung des Implantatdurchmessers, durch einen längeren Implantathals und durch eine positive Implantathalsneigung, d. h. eine Zunahme des Durchmessers zur Implantatspitze hin, reduziert werden (FAEGH & MUFTU, 2010). Die Wahl zwischen ein- oder zweiteiligen Implantatsystemen ist hauptsächlich von der patientenindividuellen Indikation abhängig. Zweiteilige Implantatsysteme bestehen aus einer Implantatschraube, die in den Knochen eingebracht wird und unterhalb der Gingiva zu liegen kommt, sowie einem Aufbau (Abutment), welcher als Bindeglied zwischen Implantat und dem Kronenaufbau fungiert. Bei einteiligen Systemen beinhaltet das Implantat selber eine Verbindungsmöglichkeit zu der prothetischen Versorgung, welche nach der Implantation über die Gingiva heraus ragt. Einteilige Implantate eignen sich deshalb besonders in Fällen, in denen eine Sofortbelastung angestrebt wird, wohingegen zweiteilige Implantatsysteme in den meisten Fällen erst nach einer initialen Einheilungsphase freigelegt und zu diesem späteren Zeitpunkt mit einem Abutment versorgt werden können. Studien, die Vor- und Nachteile beider Systeme miteinander vergleichen, bezüglich des Einflusses beider Systeme auf das umgebende Hart- und Weichgewebe kommen zu teils sehr unterschiedlichen Ergebnissen (zur Übersicht: [PRITHVIRAJ et al., 2013]. Während einige Studien weniger Knochenverlust und eine geringere Abnahme der biologischen Breite für einteilige Systeme beschrieben (HERMANN et al., 2001), wurde während anderen Studien eine geringere Erfolgsrate und eine erhöhte Knochenresorption für einteilige Implantatsysteme gefunden (OSTMAN et al., 2007; ZEMBIC et al., 2012). Ein Grund für diese Diskrepanz könnte darin begründet liegen, dass sich die in den einzelnen Studien verwendeten Implantate nicht nur in ihrer Zugehörigkeit zu ein- oder zweiteiligen Implantatsystemen sondern auch in weiteren Eigenschaften unterschieden und somit einen direkten Vergleich der Studien erschweren.

2.1 Biologische Breite

Die bereits erwähnte biologische Breite ist eine zunehmend wichtiger werdende Größe im Bereich der dentalen Implantologie. Während in der Vergangenheit hauptsächlich nur auf die knöcherne Einheilung des gesamten Implantates geachtet wurde, steigt bei zunehmend besseren Implantatüberlebensraten auch der Anspruch an die Ästhetik, welche maßgeblich vom umgebenden Weichgewebe bestimmt wird. Die biologische Breite natürlicher Zähne unterscheidet sich nur geringfügig von der biologischen Breite an Implantaten. Bei natürlichen Zähnen wird der Bereich zwischen höchstem Kontaktpunkt der Gingiva zur Zahnkrone und dem höchsten Punkt des Alveolarknochens als „dentogingivaler Komplex“ bezeichnet. Dieser Komplex setzt sich zusammen aus dem Sulkus (0,2 – 0,5 mm) und der biologischen Breite, die wiederum in das epitheliale Attachment (ca. 1 mm) und das bindegewebige Attachment (ca. 1 mm) unterteilt werden kann. Dieser Komplex hat vor allem eine Schutzfunktion und soll durch die bindegewebigen Fasern und das Epithel das unterliegende Gewebe wirkungsvoll von der Mundhöhle abgrenzen (SICHER, 1959). Die Fasern des bindegewebigen Attachments an natürlichen Zähnen verlaufen dreidimensional angeordnet (FENEIS, 1952) entlang und quer zur Zahnachse, wohingegen die bindegewebigen Fasern der biologischen Breite von Implantaten lediglich parallel zur Längsachse des Implantates verlaufen (BUSER et al., 1992; BERGLUNDH et al., 1991). Es konnte nachgewiesen werden, dass die Höhe des dentogingivalen Komplexes von rund 3 mm (GARGIULO et al., 1961) relativ konstant ist und eine Veränderung der Alveolarknochenhöhe bei konstant bleibendem dentogingivalen Komplex eine entsprechende Veränderung der Gingivahöhe bewirkt. Für die Implantologie bedeutet dies, dass eine Abnahme des krestalen Knochens am Implantat in einem Rückgang der Gingivahöhe und damit in einer ästhetisch unbefriedigenden Freilegung des Implantathalses resultiert. Bei zweiteiligen Implantatsystemen wurde in diesem Zusammenhang eine Abhängigkeit zwischen der krestalen Knochenresorption und der Lokalisation des Mikrospaltes beobachtet (HERMANN et al., 1997; HERMANN et al., 2000). Dieser Mikrospalt besteht zwischen der Implantatschulter und dem aufgebrachten Abutment. Die Gestaltung der Implantatschulter und des aufsitzenden Abutments können die Lokalisation des Mikrospaltes verändern und damit die krestale Knochenresorption direkt beeinflussen.

2.2 Platform Switching

Eine Methode bei der die Abhängigkeit zwischen der krestalen Knochenresorption und der Lokalisation des Mikrospalts zur Verbesserung der marginalen Knochensituation berücksichtigt wird, ist das so genannte Platform Switching. Hierbei wird ein zweiteiliges Dentalimplantat mit einem hinsichtlich des Durchmessers kleineren Abutment versorgt. Dadurch wird der zwischen Implantat und Abutment vorhandene Mikrospalt horizontal von der Außenwand des Implantats zur Implantatmitte hin verlagert. Einige Studien konnten in diesem Zusammenhang eine verringerte marginale Knochenresorption sowohl im Tierversuch (BECKER et al., 2009) als auch am Patienten (ATIEH et al., 2010) beobachten, die umso geringer ausfällt, je größer der Größenunterschied zwischen Implantat und Abutment ist.

Als Erklärung für die Begrenzung des marginalen Knochenverlustes durch Platform Switching werden unterschiedliche Gründe diskutiert.

  • So soll das Platzangebot für die Gewebe der biologischen Breite durch das Platform Switching optimiert werden (DEGIDI et al., 2008)
  • das Entzündungs-Bindegewebe im Bereich der Implantat-Abutment-Verbindung horizontal zur Implantatmitte verlagert werden (LUONGO et al., 2008)
  • sowie der Bereich der maximalen biomechanischen Belastung zur Implantatachse verlagert werden (CHANG et al., 2010).

Eine systematische Übersichtsarbeit von Annibali und Mitarbeitern (ANNIBALI et al., 2012) konnte die verringerte marginale Knochenresorption an dentalen Implantaten bestätigen. Allerdings konnte kein nennenswerter Unterschied hinsichtlich der Implantatüberlebensrate zwischen Implantaten mit und ohne Platform Switching nachgewiesen werden.

Exkurs 1

Platform Switching