Porosität

2. Von Kristallen, Dimensionen und mehr

Verschiedene Biomaterialien mit der gleichen chemischen Zusammensetzung lösen unterschiedliche biologische Antworten in in vitro und in vivo Studien aus.

Die biologischen Antworten auf die Materialien sind abhängig von verschiedenen Faktoren, wie beispielsweise der Kristallinität des Materials, der Kristallgröße, der Mikroporosität und der Makroporosität sowie der Porengrößen und Oberflächenrauigkeit (JENSEN et al., 2007; DOI et al., 1999; ONG et al., 1998; JENSEN et al., 1996; BOULER et al., 1996; EGGLI et al., 1988).

Obwohl sowohl HA als auch ß-TCP hoch biokompatibel sind, unterscheiden sie sich in den ausgelösten grundsätzlichen biologischen Antworten. Poröses ß-TCP wird an der Implantationsstelle sukzessive mit dem einwachsenden neugebildeten Knochen resorbiert, wobei die ß-TCP Oberfläche eine verstärkte Bindung an den umgebenden Knochen bewirkt und die osteoklastäre Resorption und die Knochenneubildung stimuliert (KOLK et al., 2012; HORCH et al., 2006; MITTELMEIER et al., 1998). HA hingegen bleibt sehr lange stabil an der Implantationsstelle (KOLK et al., 2012; KAMITAKAHARA et al., 2008). Implantiertes HA als bioaktives Material setzt Ca- und PO-Ionen im Körper frei, wodurch eine mikromorphologische Verankerung des Implantates erfolgt und ein nicht mehr abgrenzbarer Knochen-Implantat-Verbund entsteht (OSBORN & NEWESELY, 1980).

In Knochendefekten mit gesundem, umgebenden Knochen, kann auf implantiertem HA neues Osteoid ohne eine weichgewebige Grenzfläche direkt auf der Oberfläche der Keramik gebildet werden (KOLK et al., 2012). Dies wurde ebenfalls für ß-TCP Keramiken beschrieben (CALVO-GUIRADO et al., 2012; GIANNOUDIS et al., 2005).

Ermöglicht wird die direkte Bildung von Osteoid auf den CaPO-Keramiken durch den sogenannten osteotropen Grenzflächenmechanismus, der bei einem bevorzugten Verhältnis der Ca- und PO-Komponenten von 1.67 im Knochen entsteht. Für die Kristallinität eines CaPO-basierten Materials wird eine wichtige Bedeutung bei der Protein-Absorption, der Zellanhaftung und der Degradation des Materials angenommen (JENSEN et al., 2007; BERUBE et al., 2005).

Die Kristallgröße alloplastischer CaPO-Keramiken ist unter anderem abhängig von der Sintertemperatur (JENSEN et al., 2007; ONG et al., 1998), wobei höhere Temperaturen zu größeren Kristallgrößen führen. Form, Größe und Raum zwischen den Kristallen machen die „Mikroporosität“ einer CaPO-Keramik aus. Die Möglichkeit der Penetration des Materials durch Gewebeflüssigkeiten und Makromoleküle und deren Adhäsion an das Material werden durch die Mikroporosität bestimmt (JENSEN et al., 2007; ROHANIZADEH et al., 1998).

Das makroskopische Porensystem von CaPO-Keramiken erfüllt, unter der Voraussetzung der Interkonnektivität der Poren, eine Gerüstfunktion für den Einwuchs von neugebildeten Blutgefäßen und die Anheftung von knochenbildenden Zellen (Kolk et al., 2012; JENSEN et al., 2007; EGGLI et al., 1988).

Das bi-phasische, granuläre Knochenersatzmaterial BEGO OSS S besteht aus 60 % HA und 40 % ß-TCP, wobei eine homogene Verteilung der beiden CaPO-Verbindungen besteht. Die Porosität des Materials liegt bei ~80 %. Die interkonnektiven Makroporen von BEGO OSS S liegen in der Dimension bis 800 μm und sind durch ebenfalls interkonnektive Mikroporen in der Dimension zwischen 1–10 μm zusätzlich miteinander vernetzt. Die Porendimensionen von BEGO OSS S sind damit geeignet, um ein Einwandern von Knochenvorläuferzellen zu ermöglichen (siehe zur allgemeinen Übersicht u. a. AIKEN & BENDKOWSKI, 2011) und die Ausbildung von reifen Osteonen im kortikalen Knochengewebe zu unterstützen (ENLOW, 1962).